Der Hund liebt dich – das Pferd lehrt dich, dich selbst zu lieben
- senta.wolf
- 5. Mai
- 3 Min. Lesezeit
Immer wieder diskutieren wir mit Hundebesitzern in unseren Workshops über die Unterschiede von Hund und Pferd. Wie hier mit Otto:
Otto:
Fridolin, ich habe Hunde. Ich arbeite seit Jahren mit ihnen, – und jetzt habe ich mich gefragt: Was könnte mir die Arbeit mit Pferden bringen?
Fridolin:
Oh, da gibt’s eine Menge! Pferde sind Meister der nonverbalen Kommunikation. Sie fordern von uns, dass wir ganz bei uns sind. Das ist oft ein echter Perspektivwechsel für Hundemenschen.
Otto:
Inwiefern? Ich meine, ich arbeite ja auch über Körpersprache mit Hunden…
Fridolin:
Klar, und das ist eine starke Grundlage. Aber Pferde reagieren auf viel feinere Signale. Du musst mit deiner inneren Haltung führen – nicht über Stimme, Leine oder Leckerli. Bei Pferden geht’s viel mehr um Präsenz als um Aktion. Du lernst, nichts zu tun – und trotzdem zu führen.
Otto:
Das klingt fast ein bisschen meditativ. Ist das so ein Achtsamkeitsthema?
Fridolin:
Absolut. Pferde spüren, wie’s dir geht. Nicht was du sagst, sondern was du ausstrahlst. Wenn du unklar bist, ängstlich oder wütend – dann spiegeln sie das sofort. Du lernst, dich selbst zu regulieren. Und das wirkt sich auch auf die Beziehung zu deinem Hund aus.
Otto:
Ich merke, wie schnell ich bei meinem Hund mal ungeduldig werde. Pferde würden das nicht verzeihen?
Fridolin:
Nicht auf die gleiche Art. Sie ziehen sich zurück, werden misstrauisch. Das bringt dich dazu, genauer hinzuschauen: Was sende ich gerade aus? Wie ist meine Energie? Es ist ein wunderbarer Spiegel – nicht immer bequem, aber total ehrlich.
Otto:
Was war für dich der größte Aha-Moment, wenn du mit Hundemenschen arbeitest?
Fridolin:
Dass viele anfangs über Kontrolle arbeiten. „Der Hund muss hören.“ Bei Pferden funktioniert das nicht. Sie folgen nur, wenn du wirklich Führungsqualität ausstrahlst. Das hat nichts mit Dominanz zu tun, sondern mit innerer Klarheit, Ruhe, Konsequenz. Viele lernen das bei Pferden – und gehen dann ganz anders zurück zu ihren Hunden.
Otto:
Spannend. Und wie ist das mit Belohnung? Ich arbeite viel mit positiver Verstärkung…
Fridolin:
Wichtiges Thema! Bei Pferden gibt’s keine Dauer-Leckerlis. Sie lernen über Timing, Energie, Raum. Und besonders über Release. Das bedeutet, einen Impuls im richtigen Moment loszulassen. Das zwingt dich dazu, viel bewusster zu arbeiten – mit deinem Körper, deinem Fokus, deiner Intention. Und das kannst du 1:1 ins Hundetraining mitnehmen. Es wird klarer, feiner, echter.
Otto:
Wow, das klingt, als ob ich durch die Pferde nochmal eine neue Tiefe in meine Hundearbeit bringen könnte. Hast Du noch ein Beispiel, wie so eine Pferdeübung aussehen kann?
Fridolin:
Ja – z.B. die „energetische Grenze setzen“. Du gehst in den Raum des Pferdes, oder es kommt in deinen. Und du kommunizierst nur mit Körpersprache: Bis hier, und nicht weiter. Dabei geht’s nicht um Härte, sondern um Klarheit. Diese Übung ist Gold wert für Menschen mit stürmischen oder distanzlosen Hunden.
Otto:
Ich glaub, das wäre genau mein Thema. Mein Hund springt oft in meinen Raum, auch bei Fremden…
Fridolin:
Dann wäre das deine Challenge. Pferde zeigen dir gnadenlos: Bin ich klar in meinem Raumgefühl? Und wenn du das mit einem 600-Kilo-Tier kannst, dann wirkt das bei einem 30-Kilo-Hund fast spielerisch. Pferde erden. Sie entschleunigen. Sie bringen dich zu dir selbst. Und wenn du bei dir bist, wirst du automatisch besser im Umgang mit deinem Hund.
Es ist kein entweder-oder – sondern ein sowohl-als-auch.
Otto:
Danke dir, Fridolin. Jetzt will ich unbedingt mal mit einem Pferd arbeiten.
Fridolin:
Ich freu mich drauf!
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